Herrschaft 1

Quote:

Wir sind alle in einem Raum mit vier Wänden (…). Der Raum ist möbliert und einige von uns sitzen bequem, andere definitiv nicht. Die Wände bewegen sich allmählich nach vorn, manchmal langsamer, manchmal schneller, was uns allen ein unangenehmes Gefühl vermittelt (…). Von Zeit zu Zeit gibt es Wahlen, wie man die Möbel platziert. Diese Wahlen sind nicht unwichtig: Sie haben zur Folge, dass einige Leute bequemer sitzen, andere weniger; sie können sogar die Geschwindigkeit beeinflussen, mit der sich die Wände bewegen, aber sie tun nichts, um ihren unerbittlichen Fortschritt zu stoppen.

Quelle:

John Holloway (2010: 8).

Autor*inneninfo:

John Holloway (geb. 1947) ist irischer Jurist, Soziologe und Philosoph, der in den 1970er Jahren hauptsächlich zu marxistischer Ökonomie arbeitete. Seit 1991 ist er eng mit den Zapatist@s im mexikanischen Chiapas assoziiert, die eine libertäre Form des basisdemokratischen Regierens verfolgen.

Kontext:

John HollowayMit dem Auseinanderfallen der Sowjetunion und anderer sogenannter sozialistischer Staaten fiel auch für viele ein alternativer Gesellschaftsentwurf weg. Ende der 1980er Jahre wurde vom „Westen“ das „Ende der Geschichte“ ausgerufen, wie der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama 1989 behauptete. Die westliche repräsentative Demokratie und mit ihr gekoppelt die kapitalistische Wirtschaftsform wurden so als einzig legitime verbleibende und vorstellbare Gesellschaftsform geschaffen. Innerhalb dieses Rahmens gibt es unterschiedliche Ausformungen, wie Holloway in seinem Zitat illustriert, die aber alle nicht die Grundlagen von Kapitalismus und repräsentativer Demokratie in Frage stellen.

Zum Weiterlesen:

*John Holloway (2010): Crack Capitalism. London & New York: Pluto Press.

Jahr:

2010