Migration und Flucht 11

Quote:

Monatelang haben die deutschen Medien ausführlich Entwicklungen und Geschehnisse bezüglich der Geflüchtetenfrage kommentiert. Die meisten dieser Kommentator:innen waren in der Regel weiße Journalist:innen, Politiker:innen, Migrationsforscher:innen oder freiwillige Helfer:innen. Die Stimmen von Geflüchteten waren stets eher Randnotizen. In den seltenen Fällen, in denen sie zu Wort kommen durften, wurden diesen nur wenige Zeilen oder bestenfalls Sekunden gewährt. Geflüchtete sollten in ihren eigenen Narrativen vor allem als Bekräftigung des Konsens der Mehrheitsgesellschaft über sie dienen. Sie sind nicht die Erzähler:innen, sondern das Erzählte.

Quelle:

Autor*inneninfo:

Sinthujan Varatharajah (geb. 1985) ist politischer Geograph und lebt in Berlin.

Kontext:

Senthuran_Varatharajah2015 erreichten die Flucht- und Migrationbewegungen nach Europa einen Höhepunkt. Die Grenzen blieben geschlossen, so dass auf den gefährlichen Routen des Mittelmeeres und der Transitländer unzählige Menschen starben. Es bildeten sich eine Bewegungen „von unten“, die selbstorganisiert Unterstützungsarbeit leisteten: auf dem Meer, in Herkunfts-, Transit- und Ankunftsländern. Diese Aktivist:innen bestanden aus migrantischen Selbstorganisierungen, NGOs, ehrenamtlichen Bürger:innen, Kirchenmitgliedern, Ärzt:innen und Journalist:innen. Die strenge Grenzregimepolitik erlebte einen historischen Bruch, als Angela Merkel die Grenzen kurz öffnen ließ. In den Medien erlebte die Flüchtlingsfrage eine enorme Präsenz. Sinthujan Varatharajah kritisierte in diesem Zusammenhang kritisch, dass der Fokus auf weißen Menschen liegt und Stimmen geflüchteter Menschen eher selten gehört werden.

Zum Weiterlesen:

*Sinthujan Varatharajah (2017): Ein bischen wie im Kolonialismus hat mein Vater gesagt ...“ In: glokal e.V. (Hrsg.): Willkommen ohne Paternalismus. Hilfe und Solidarität in der Unterstützungsarbeit, S. 56-61.

Jahr:

2015