Medizin10

Quote:

„Die Kolonialwirtschaft soll sich die N***arme dienstbar machen, die Hygiene soll sie stark erhalten und ihre Zahl erhöhen. […] Bleiben wir bei Ostafrika und nehmen an, dass die Schlafkrankheit nur 10.000 Menschenleben gefordert hat bzw. fordern wird, bis unser Kampf gegen sie siegreich durchgeführt ist.“

Quelle:

Zitiert nach Wolfgang U. Eckart (1997): Medizin und Kolonialimperialismus Deutschland 1884-1945, S. 59 aus Ludwig Külz (1911): Grundzüge der kolonialen Eingeborenenhygiene, in: Beihefte z. Arch. f. Schiffs- u.Trophyg. 15 (1911) 3, 386-475; Wesen und Ziele (1910).

Autor*inneninfo:

Ludwig Külz (1875-1938) war Arzt und ab 1902 Leiter des Nachtigal-Krankenhauses in Togo. Der indigenen Bevölkerung wurde der Zugang und die Behandlung dort verweigert. Er war ebenso Regierungsarzt in anderen Kolonien. Ab 1920 schulte er als Professor am Hamburger tropenhygienischen Institut sogenannte Auswanderer:innen. Külz bezog sich in dem Zitat auf das vorherrschende „Motto“, „Schwarze Hände, weiße Köpfe“, das erstmals von Friedrich Wulffert in einem Vortrag postuliert wurde.

 

Kontext:

Deutsche Kolonialmedizin wird im kollektiven Gedächtnis häufig mit „Abenteuerlust“, gefährlichen Tsetse-Fliegen oder dem aufopfernden Einsatz deutscher Ärzt:innen „fern der Heimat“ in Verbindung gebracht. Spätestens mit dem „Kolonialeintritt“ des deutschen Kaiserreichs 1884 nutzten viele (vor allem junge) Ärzt:innen den Einsatz in den Kolonien, um ihre medizinische Karriere voranzubringen. In diesem Kontext entwickelten sie gefährliche Medikamente, die sie an der kolonisierten Bevölkerung ausprobierten. Dies geschah vor allem in den Schlafkrankheits-Konzentrationslagern und Lepraheimen in Togo, Kamerun und „Deutsch-Ostafrika“. Ab 1907 sollte es eine „sozialere“ Kolonialpolitik geben, basierend auf „Humanität, Gerechtigkeit und Mildtätigkeit“. Allerdings waren auch hier die „effektive Ausbeutung von Land und Leuten“ – wie die im Zitat angesprochenen „Arme“, also die Arbeitskraft der Kolonisierten – zum Erhalt und zur Verbesserung der deutschen Kolonialökonomiedas eigentliche Ziel. Ludwig Külz forderte eine „Koloniale Menschenökonomie“, die als „sanitäre Pädagogik“ eine Akkulturation und die Umsetzung „kolonialer Rassenhygiene“ durchsetzen sollte. Die Aufgabe des „Tropenhygieniker“ sei es die schwächelnde deutsche Kolonialökonomie durch Erhalt des „wertigen“ Lebens innerhalb der kolonisierten Bevölkerung (z.Bsp. „starke Männer“) zu stärken. Gleichzeitig war es Külz ein zentrales Anliegen „schlechtes“ oder „minderwertiges“ Leben insbesondere im Sinne einer sogenannten „Mischlingsbevölkerung“ zu vermeiden.

Zum Weiterlesen:

*Wolfgang U. Eckart (1997): Medizin und Kolonialimperialismus Deutschland 1884-1945. Verlag Ferdinand Schöningh: Paderborn.

Jahr:

1911