Quote:
Wir dürfen in der Kolonialpolitik nicht einen rein negativen Standpunkt einnehmen, sondern wir müssen eine positive sozialistische Kolonialpolitik treiben. (Publikum: Bravo!) Wir müssen von der utopischen Idee abkommen, die dahin geht, die Kolonien zu verkaufen. Die letzte Konsequenz dieser Anschauung wäre, dass man die Vereinigten Staaten den Indianern zurückgäbe. (Publikum: Unruhe.) Die Kolonien sind da, damit muss man sich abfinden.
Quelle:
Zitiert nach Karl Kautsky (1907): Sozialismus und Kolonialpolitik. Berlin: Buchhandlung Vorwärts, S. 6.
Autor*inneninfo:
Eduard Bernstein (1850-1932) war deutscher Sozialdemokrat und Mitglied der SPD. Das Zitat stammt aus einer Rede auf dem Internationalen Sozialisten-Kongress zu Stuttgart, der vom 18. bis zum 24. August 1907 stattfand.
Kontext:
Während die katholische Zentrumspartei die Kolonialpolitik geschlossen unterstützte, gab es bei den Sozialist:innen Auseinandersetzungen. Im Gegensatz zu Bernstein vertrat Karl Kautsky die Ansicht, dass Sozialismus und Kolonialpolitik ein Widerspruch in sich seien. Kautsky kritisiert, dass Bernstein ausdrücklich ein Herrschaftsverhältnis rechtfertige (Kautsky 1907: 17): das Recht von Völkern „höherer“ Kultur, Völker „minderer“ Kultur zu bevormunden. Am Ende des Kongresses wurde nur „kapitalistische Kolonialpolitik“ verdammt, da diese unvermeidlich zu „Zwangsarbeit und der Vernichtung der indigenen Völker“ führe, während nur Sozialismus eine „friedliche kulturelle Entwicklung“ ermöglichen könne. Kautsky widerspricht in seiner Publikation der Zivilisierungsmission der Europäer:innen: „Was braucht man an solchen Leuten viel zu erziehen und zu bevormunden?“ (ebd. S. 46).
Zum Weiterlesen:
*Karl Kautsky (1907): Sozialismus und Kolonialpolitik. Berlin: Buchhandlung Vorwärts, S. 6.
Jahr:
1907