Kapitalismus 14

Quote:

Heute habe ich nach über zwölf Jahren den Mitarbeiterstab des Internationalen Währungsfonds verlassen (…). Für mich ist der Rückzug eine unbezahlbare Befreiung, denn damit habe ich den ersten großen Schritt in die Richtung getan, in der ich hoffentlich meine Hände von dem reinwaschen kann, was für mich das Blut von Millionen armer und hungernder Menschen ist … überall klebt es an mir; manchmal habe ich das Gefühl, es gibt nicht genügend Seife auf der Welt, um mich von den Dingen zu säubern, die ich in ihrem Namen tat.

Quelle:

David L. Budhoo (1990): Enough ist enough. Dear Mr Camdessus … Open letter of resignation to the Managing Director of the International Monetary Fund. New York: Horizon Press, S. 102 (Übersetzung aus Naomi Klein 2010: 362).

Autor*inneninfo:

David L. Budhoo ist Wirtschaftswissenschaftler aus Grenada in der Karibik. Von 1966 an war er beim Internationalen Währungsfond tätig, später sogar als leitender Mitarbeiter. Er entwarf Strukturanpassungsprogramme für Lateinamerika und Afrika. Sein Kündigungsschreiben mit dem Titel „Genug ist genug“ von 1988 war mehr als 100 Seiten lang.

Kontext:

David BudhooBesonders in den 1980er und 90er Jahren war die Strukturanpassungen der internationalen Organisationen IWF und Weltbank besonders hart. Der offizielle Auftrag der Institutionen ist zwar „Krisenprävention“, aber Bodhoo beschreibt, wie er Statistiken fälschte, um drastische neoliberale wirtschaftliche Maßnahmen zu rechtfertigen. Diese Statistiken ließen Länder (z.B. Trinidad und Tobago) instabil aussehen und sie konnten keine oder nur schlechte Kredite mehr bekommen, so dass nur noch Kredite von IWF und Weltbank möglich waren. Doch nicht nur von diesen werden solche „Modernisierungen“ der Strukturen verlangt. 2016 sollte die kenianische Regierung das Freihandelsabkommen EPA mit der EU unterzeichnen. „Als sich die Regierung sträubte, verhängte die EU Einfuhrzölle auf kenianische Produkte. (...) Das Abkommen selbst belegt, was Freihandel unter ungleichen Partnern bedeutet: Während nur 10% der afrikanischen Produkte auf dem Weltmarkt als konkurrenzfähig gelten, ermöglicht es EPA, dass auf 80% der Exporte der Europäischen Union nach Ostafrika keine Zölle erhoben werden dürfen“ (Medico International 2017).

Zum Weiterlesen:

*Naomi Klein (2010): Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Frankfurt am Main: Fischer, S. 230ff. und 361ff. *Susan Meeker-Lowry (1995): Mr. Budhoo's Bombshell: A people's alternative to Structural Adjustment. *Medico International (Anne Jung, 2017): Ostafrika. Hunger durch Handel? *David L. Budhoo (1990): Enough is enough.

Jahr:

1988