Quote:
Diese blauaugichte Unholdin ward schwängern Leibes hiehergebracht, und von den Schiffleuten hier zurükgelassen; du, mein Sclave, warest nach deiner eignen Aussage, damals ihr Diener. Und weil du zu Verrichtung ihrer irdischen und abscheulichen Aufträge ein zu zärtlicher Geist warst (…) schloß sie dich in ihrer unerbittlichen Wuth, mit Hülfe ihrer stärkern Diener in eine gespaltne Fichte, in deren Klamme eingekerkert du zwölf peinvolle Jahre verharren mußtest, bis sie starb und dich in diesem elenden Zustand ließ, worinn du die Gegend umher (…) mit Aechzen und Winseln erfülltest.
Quelle:
William Shakespeare (1611): Der Sturm.
Autor*inneninfo:
William Shakespeare (1564-1616) war britischer Dramatiker.
Kontext:
Im Shakespeare-Stück „Der Sturm“ organisiert Caliban, Indigener einer fiktiven Insel und Sohn einer Hexe, zusammen mit zwei europäischen Arbeitern einen Aufstand gegen die Europäer:innen der Insel. Der Aufstand scheitert. In dem Zitat geht es um seine Mutter, die Hexe Sycorax. Das Zitat stellt den Geist der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts dar. Weiblichkeit wurde besonders in diesen Jahrhunderten als verdorben und gefährlich dargestellt. Denn Frauen spielten u.a. in den Häretiker:innenbewegungen, die die Autorität und Macht der Kirche anzweifelten, eine große Rolle und stellten somit eine Gefahr für die damalige Ordnung dar. Einen Höhepunkt dieser Hetzkampagne bildete die Hexenverbrennung. Zwischen 1550 und 1650 wurden in Europa besonders viele Frauen als Hexen verbrannt (Federici 2009: 229).
Zum Weiterlesen:
*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum.
*Aimé Césaire (1969): A Tempest. New York: Ubu Repertory Theater Publications.
* Sarah Richt (2019): A Tempest by Aimé Césaire: Curriculum Guide for Postcolonial Educators.
Jahr:
1611