Rassismus im deutschen Kontext

Wann sagte eine Dichterin: „Und deutsch kann man eh nicht sein mit einer Schwarzen Hautfarbe“?

Richtig! Leider falsch!

May Ayim (1960-1996) war eine deutsche Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der afrodeutschen Bewegung. May Ayim beschreibt in „Hoffnung im Herz – Mündliche Poesie“ wie sie mit der selbstermächtigenden Bezeichnung ‘Afrodeutsch’ oder ‘Schwarze Deutsche’ rassifizierende Fremdzuschreibungen ablegte. Doch stellt sie fest, dass sich kaum etwas an der Situation für Afrodeutsche änderte. Denn auch bis heute herrscht das Bild vor, dass Deutschsein mit Weißsein verbunden ist.

Wann sagte ein CDU-Politiker: „Hier bin ich nicht mehr in meiner Heimat, sondern die haben sie mir in einer ganz bestimmten Weise geklaut. Die ganze Umgebung ist (mir) fremd geworden. Das fängt beim Geruch an und geht bis zur Straße“?

Richtig! Leider falsch!

Heinrich Lummer (1932-2019) war CDU-Politiker und war von 1981-1986 Innensenator des Landes Berlin. Lummer ist auffällig geworden durch rassistische und antisemitische Äußerungen, wie aus dem Zitat deutlich wird. Dies trug dazu bei, dass Kreuzberg unter weißen Deutschen als kriminell und gefährlich dargestellt wurde. Gleichzeitig war es für die Bewohner:innen tatsächlich oft eine sichere Umwelt, in der sie sich mit weniger rechten Gefahren konfrontiert sahen.

Wann sagte eine jüdische Widerstandskämpferin: „Was können wir machen, außer Widerstand zu leisten? (…) Es wird nicht leicht sein, ihre Verbrechen gegen unser Volk zu vergelten, denn jeder unserer Schritte wird auf massive und willkürliche Vergeltung stoßen“?

Richtig! Leider falsch!

Gusta Dawidsohn-Draenger (1917-1943) kam in Krakau in einer orthodoxen jüdischen Familie zur Welt. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war sie maßgeblich an der Koordinierung des jüdischen Widerstands gegen die Nazis beteiligt. Gemeinsam mit anderen – unter ihnen ihr Ehemann Shimshon Draenger – schmuggelte sie Waffen, organisierte Verstecke und kämpfte mit Partisan:innen in den umliegenden Wäldern. Das vorliegende Zitat, worin Gusta Draenger-Dawidson ihren Mann Shimshon Draenger zitiert, zeugt von den Memoiren Draenger-Dawidsons, die bewaffneten Widerstand gegen die Nazis in Polen geleistet haben. Die größte Widerstandsgruppe mit rund 1200 Mitgliedern, war die um den jüdischen Partisanen Tuvia Bielski in Weißrussland.

Wann schrieb ein Journalist der ZEIT: „Integration bedeutet zwangsläufig ein gutes Stück Assimilation an die deutsche Leitkultur und deren Kernwerte“?

Richtig! Leider falsch!

Theo Sommer (geb. 1930) ist ein deutscher Journalist, u.a. war er Chefredakteur und Herausgeber der Wochenzeitung Die ZEIT. Der Begriff Leitkultur wurde von Theo Sommer aufgegriffen, um von Menschen mit Migrationsgeschichte, People of Color, Schwarzen und Jüd:innen zu fordern, sich zu assimilieren. Der Begriff wurde immer wieder herangezogen, um Stimmung vor Wahlkämpfen zu machen, wie im Jahr 2000 von Friedrich Merz, dem heutigen CDU-Vorsitzenden.

In welchem Jahr sagen die Brothers Keepers: „Wir fordern mehr als gleiche Rechte, wir wollen endlich Frieden haben Neue Ziele haben und nicht das Image von Dealern haben“?

Richtig! Leider falsch!

Brothers Keepers ist ein Zusammenschluss von überwiegend Schwarzen Musikern, die sich aufgrund des steigenden Rassismus in Deutschland zusammengeschlossen haben, um auf die schwierige, teils lebensbedrohliche Situation von Menschen mit Migrationsgeschichte, Schwarzen und People of Color aufmerksam zu machen. Brothers Keepers besingt in ihrem Song ‚Adriano‘, den Mord an Alberto Adriano am 5. Juni 2000. Alberto, Vater von drei Kindern, wurde von drei Nazis auf brutale Weise zusammengeschlagen und erlag wenige Tage später seinen Verletzungen. Brothers Keepers wollten mit diesem Lied auch auf den zunehmenden Rassismus aufmerksam machen.

Wann schrieb ein Chief der Nama an einen deutschen General: „Daß ich dem deutschen Kaiser nicht unterstellt sein will, das ist doch keine Sünde, Schuld oder Ehrlosigkeit, die Sie berechtigte, die Todesstrafe gegen mich auszusprechen“?

Richtig! Leider falsch!

Hendrik Witbooi, eigentlich ǃNanseb ǀGabemab (ca. 1830-1905) war seit Ende des Jahres 1888 Kaptein des mit den Nama verwandten Volks der Orlam, der Witbooi. Leutwein war bekannt für ein Massaker, bei dem 1893 unter seinem Kommando 80 Witbooi-Kämpfer getötet sowie 40 Frauen und Kinder verschleppt wurden. Kaptein Hendrik Witbooi wird als afrikanischer Führer gesehen und gefeiert, der als erster bewaffneten Widerstand gegen die deutschen Kolonialist:innen geleistet hat. Er starb 1904 im Gefecht gegen die deutsche Kolonialmacht.

Wann hieß es in einer juristischen Schrift: „Wenn der Richter sonst allenthalben zu individualisieren hat, d.h. das zu behandelnde Subjekt erst in seiner Eigentümlichkeit erforschen und kennenlernen und danach den Gang seines Verfahrens bestimmen muß, so darf der Eingeweihte, mit dem Wesen der XXX ohne alle Gefahr generalisieren?“

Richtig! Leider falsch!

Aus einer Schrift des fürstlich Reuß-Plauenscher Criminalraths und Vorstand des Fürstlichen Criminalgerichts zu Lobenstein in Thürigen aus dem 19. Jahrhundert. Seit Jahrhunderten gibt es diskriminierende Praktiken und rassifizierende Zuschreibungen gegenüber Sint:ezza und Romn:ja. Sie werden per se als Kriminelle behandelt. Trotz vielfältigen Widerstands vor der Deportation und in den Vernichtungslagern selber, fielen schätzungsweise 500.000 Sint:ezza und Romn:ja im Porajmos, dem Genozid während des Zweiten Weltkriegs, den Deutschen zum Opfer.

Wann sagte ein deutscher Herrscher: „Deutschland ist jetzt als Kolonialmacht zu betrachten und damit in der Lage, eine Konferenz in Berlin vorzuschlagen“?

Richtig! Leider falsch!

Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) war ab 1861 König von Preußen und ab 1971 erster deutscher Kaiser. Die Berliner Konferenz wurde auf Einladung des Deutschen Reichs und der Französischen Republik am 15. November 1884 einberufen. Diese Konferenz ist insofern historisch einzigartig und skandalös, als dass ein Kontinent unter überwiegend westlichen Ländern ohne Kenntnisnahme der afrikanischen Länder aufgeteilt wurde.

Wann schrieb die Tochter von Enver Şimşek: „Eine Theorie nach der anderen haben sie an uns ausprobiert. Erst haben sie meine Mutter verdächtigt und ihre Brüder; Mord aus Habgier haben sie unterstellt...“

Richtig! Leider falsch!

Semiya Şimşek (geb. 1986) ist Pädagogin und die Tochter des von dem NSU als ersten ermordeten Enver Şimşek. Semiya Şimşek ist eine wichtige Stimme der Opferangehörigen geworden. In ihrem Buch "Schmerzliche Heimat. Deutschland und der Mord an meinem Vater" arbeitet sie ihre Erlebnisse über den Mord an ihrem Vater auf. Semiya Şimşek hat Deutschland verlassen und lebt mittlerweile in der Türkei. Die neonazistische und terroristische Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ermordete zwischen 2000 und 2007 neun Menschen mit Migrationsgeschichte und eine Polizistin. Statt der Verfolgung tatsächlicher Hinweise, nahmen die Ermittler*innen die Opferangehörigen teils jahrelang ins Fadenkreuz und unterstellten ihnen kriminelle Machenschaften.

Wann schrieb ein Überlebender des Porajmos: „Wir Roma und Sinti sind die Blumen dieser Erde. Man kann uns zertreten, man kann uns aus der Erde reißen,(...) – aber wie die Blumen kommen wir immer wieder“?

Richtig! Leider falsch!

Karl Stojka (1931 – 2003) war österreichischer Überlebender des Porajmos (Genozid an Romn:ja während des Nationalsozialismus). Nach seinem Überleben der Konzentrationslager wurde Karl Stojka Künstler und Autor. Trotz der erlebten Diskriminierung und Verfolgung organisierten sich Sint:ezza und Romn:ja und übten Widerstand aus. In Deutschland gibt es zahlreiche selbstorganisierte Vereine und Verbände, die zu Empowerment, Rassismussensibilisierung, Dokumentation und politische Partizipation arbeiten.